Das Marienfenster ist das kleinste und älteste der sieben Meistermann-Fenster in Alt Sankt Ulrich. Es wurde in eine bereits vorhandene Fensteröffnung mit gotisierendem Maßwerk, einem so genannten „Nonnenkopf“, im Untergeschoss der Turmnordwand eingesetzt. Das Bild der heiligen Jungfrau ist nur schwer zu greifen, es ist sehr ungegenständlich und geschlechtslos dargestellt. Gerade die Körpermitte zerfließt und wird von der Hand, die segnet oder sich ans Herz fasst, dominiert. Mit geschlossenen Augen, auf die Herrlichkeit des Himmelreichs vertrauend, aber gleichzeitig auch müde und erschöpft wirkt sie. Diese Friedenssehnsucht und die christliche Hoffnung darauf formulierte Meistermann im Advent 1943, als sein Entwurf nach einigen Bedenken auf Buschbeller Seite endlich angenommen wurde: „Nun hoffe ich, daß das Fenster doch noch jenen Frieden verkünden wird, nach dem wir alle Sehnsucht haben: Den Frieden des Herren“.

Sehnsucht nach Frieden

Vor dem Hintergrund dieses Wunsches, den die breite Bevölkerung in den Jahren von Angst, Hunger und Not genauso wie von Meistermann beschrieben empfand, wirkt die Schlichtheit der Darstellung ergreifend. Es ist insgesamt weniger farbig als die anderen Fenster; blau und rot herrschen vor, die Farben des Himmels und der Freude, der Liebe, aber auch des Blutes und Kampfes. Damit scheint dieses kleine und erste Meistermann-Fenster die Botschaften der im Kirchenschiff folgenden Heiligendarstellung bereits vorwegzunehmen und zu vereinen: das Streben des Menschen nach Friede und Glück im Angesicht von Leid und Verzweiflung.